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Tagblatt, 26.04.2011

Presse-Echo



Österliche Zeitreise


EXKURSION
Stadtspaziergang durch die Kuranlagen ins mittelalterliche Sonnenberg


Von Jörg Hofmann


Wiesbadener Tagblatt, 26.04.2011

Rainer Niebergall (links) erläutert vor dem Kurhaus den Exkursionsteilnehmern, warum auch schon vor Jahrhunderten Bauprojekte meist mehr kosteten als geplant. Foto: wita/Uwe Stotz

Freilich ist beim sonntäglichen stadthistorischen Osterspaziergang mit Rainer Niebergall der Rambach längst vom Eise befreit, und auch von winterlichen Rückzugsgefechten in Form von eisigen Schauern kann keine Rede sein. Vielmehr bringt der gefühlte Frühsommer die Teilnehmer der Exkursion „Durch die Kuranlagen ins Mittelalter – das Sonnenberger Tal“ gehörig ins Schwitzen.

Klingt wie eine Zeitreise, ist es teils auch. Wenngleich das sichtbare Mittelalter eigentlich erst am Ende der Tour, nämlich zu Füßen der Burg, an Stadttor und Stadtmauer Sonnenbergs, anfassbar wird. Zunächst aber versetzt Niebergall die Gäste ins Jahr 1814 zurück, als der große Dichterfürst Goethe und die Stein’schen Damen durch den noch jungen Kurpark flanierten. Eine Baustelle sei dieser gewesen, nicht sehr ansehnlich, denn der Erbauer des Kurhauses Christian Zais hatte für den „Cursaal“ mit 150.000 Gulden das Budget um ein Drittel überzogen. Und so musste halt die Umsetzung der Parkgestaltung gestreckt werden.

Nachdem das Grüppchen erfahren hat, dass es der erste Kurdirektor Ferdinand Hey’l war, der 1873 den Park einzäunen ließ und eine Kleiderordnung für die Besucher erlassen hatte, nachdem sie von dem heute weitgehend vergessenen Schriftsteller Gustav Freytag gehört hat, dessen Hauptwerk „Soll und Haben“ wiederum an das Zais’sche Finanzgebaren erinnern könnte, geht es weiter auf dem Chaisenweg entlang des Rambachs zur Blumenwiese. Niebergall nutzt die Gelegenheit, um den Interessierten die Entstehung des internationalen Tennis-Mekkas Wiesbaden im ausgehenden 19. Jahrhundert zu erläutern, mit welcher Freude der damalige Erste Bürgermeister Wilhelm Lanz dem sportlichen Bedürfnis englischer Kurgäste nachkam und die heutige Blau-Weiß-Tennisanlage bewilligte.

Eine erste Spur Mittelalter findet sich auf der Brache unterhalb des frisch renovierten ehemaligen Kurhotels Dietenmühle. Denn dort stand einst die wirkliche Mühle, erwähnt schon im 13. Jahrhundert. 1861 durch ein Unwetter schwer beschädigt, danach in eine der von Herzog Adolph so heiß geliebten Kaltwasseranstalten mit Restaurationsbetrieb umgewandelt, wurde sie schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen. Nur ein kleiner Torbogen ist bis heute geblieben – sinnigerweise markiert mit einem alten Hinweissymbol auf einen Luftschutzraum.

Am Zusammenfluss von Tennel- und Rambach, dort, wo die Sonnenberger Gemarkung beginnt, gibt Niebergall preis, wie in früheren Zeiten Grenzbegehungen abgehalten wurden, bei denen Schulkinder mit einem Trömmelchen die Grenzsteine zu umrunden hatten und zum Dank in die Ohren gezwickt wurden, damit sie sich die Orte gut einprägen.
Nach einem Schlenker über die Hofwiese kommt dann das mittelalterliche Sonnenberg in Sicht. Die alte Burg hatten die Nassauer im frühen 13. Jahrhundert zum Schutz vor den Begehrlichkeiten der Herren von Eppstein – die eine Burg in Rambach besaßen – auf Mainzer Territorium errichtet, was zu einigem Streit und schließlich zum Pachtverhältnis führte. Liegt hier die Wurzel der bis heute bestehenden Kabbeleien zwischen Wiesbaden und Mainz?

Ein Sprung ins Hier und Jetzt steht am Ende des Ausflugs auf dem Hofgartenplatz: das Thema Hochwasserschutz. Dies sei auch aktuell, damit nicht eines Tages wieder das Kurhaus in den Rambachfluten absaufe, wie schon einmal 1999. Das ist Niebergall, einem großen Freund der Wiesbadener (Kur)-Geschichte ein echtes Herzensanliegen.

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